Deutsche Rentenversicherung

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"Ich versuche jeden Tag zu nutzen"

Interview mit Michael Pytel

Michael Pytel war schon mehrmals in Eußerthal. Hier erzählt er seine Geschichte:

Mist...12 Wochen Reha in Eußerthal...schon wieder mal...! Das erste Mal war im Winter 1999/2000. Weihnachten und Jahrtausendwende mitten im Pfälzer Wald. Tolles Timing.

TherapieQuelle:AdobeStock Therapie Therapie

Die Erkenntnis: Ich bin Alkoholiker

Die vorhergegangenen zehn Jahre war ich zufrieden trocken gewesen. Hatte wegen Führerscheinentzug 'ne Selbsthilfegruppe besucht und durch die Gespräche mit den Jungs und Mädels dort die Erkenntnis gewonnen, dass ich Alkoholiker bin. Eigentlich wusste ich das schon lange vorher, wollte es aber doch nicht wirklich wahr haben. Dann kam 1998. Ich bekam körperliche Probleme und sollte nach Möglichkeit keinen "stehenden" Beruf mehr ausüben. Also Umschulung beziehungsweise Weiterbildung zum Betriebswirt. Die zweite Ehe war schon länger am kriseln und die Wirtschaftsfachschule war in NRW, also nicht gerade um die Ecke.

Entgiftung, 12 Wochen Krankenhaus, 16 Wochen Eußerthal

Außerdem war es nicht einfach einen geliebten Beruf aufzugeben und mit 40 Jahren nochmal die Schulbank zu drücken. So kam es, das ich nach gut einem Jahr Besuch vom "black dog" hatte und im Nachhinein feststellen musste, dass es keine gute Idee ist eine Depression mit Alkohol behandeln zu wollen. Das Ergebnis war: Entgiftung und zwölf Wochen Stabilisierung im Landeskrankenhaus Düren und anschließend 16 Wochen Eußerthal. Damals hatte ich mit Hilfe meiner Therapeutin so manche Leiche meiner Kindheit "aus dem Keller geholt" und bearbeitet.

Es geht bergauf - bis zum Hefeweizen und einem doppelten Scotch

Die nächsten elf Jahre ging es, nach dem Abschluss als Betriebswirt, einer neuen Liebe, dem Schritt in die Selbstständigkeit und nach fünf Jahren zurück im alten Berufsfeld, zufrieden trocken nur bergauf. Fit und schmerzfrei durch regelmäßiges Krafttraining war nichts Zuviel, es konnte immer noch ein bisschen mehr sein, und was war schon eine 60 bis 70 Stunden-Woche. Bis sich eines Tages, als Krönung und Belohnung für das Geleistete, ein Hefeweizen und ein doppelter Scotch in mein Leben drängten... dachte ich. In Wirklichkeit hatte der schwarze Hund nur um die Ecke gelauert und als Erschöpfungsdepression wieder zugebissen.

Wieder: Absturz, Entgiftung, Depression

Es folgten sechs Jahre des blanken Horrors. Absturz, Entgiftung, Depression, ambulante Psychotherapie, "kontrolliertes" Trinken, AbstIchurz, Entgiftung...und so weiter und so fort. Die dritte Ehe ging in die Brüche und als krönender Abschluss kam Anfang 2017 die Insolvenz oben drauf, und der totale Absturz in den Depressions-Suff.

Über "Reha-direkt" erneut nach Eußerthal und in einen neuen Job

Glücklicherweise wurde während der fünften oder sechsten Entgiftung im ersten Vierteljahr 2017 über "Reha-Direkt" dafür gesorgt, dass ich wieder nach Eußerthal kam. 12 Wochen waren genehmigt, doch als ich nach den ersten vier Wochen, dank der passenden Antidepressiva und der Ruhe in der Klinik, so langsam wieder aus dem tiefen Loch, in dem ich vor mich hin vegetierte und zu klarem Verstand kam, erkannte ich, dass ich auf 16 Wochen verlängern musste, um halbwegs vernünftig an mir zu arbeiten. Dank der guten und intensiven Zusammenarbeit mit meinem Therapeuten und der verschiedenen Gruppenangebote wie Depressionsbewältigung, Achtsamkeit, Entspannung etc., konnte ich, mit wiedergewonnenem Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, direkt nach der Reha einen neuen Job finden und mein Leben soweit wieder in den Griff bekommen.

Dann kam 2020 und SARS-CoV-2, auch "liebevoll" Corona genannt, und die unbewusste Angst bei einer Vorerkrankung (COPD) damit infiziert zu werden. Außerdem wurde Mitte März der Gastronomie sozusagen Berufsverbot erteilt, was die Kündigung Ende April nach sich zog, und die Selbsthilfegruppe und das Fitnessstudio waren auch gestrichen. Ab Juli hatte ich wieder einen neuen Job. Und was für einen !!! Keine Überstunden, relativ stressfrei, von den Chefs und allen Mitarbeitern nur positive Rückmeldungen, Lob und Respekt. Alles bestens...!?

Ein Doppelter zum 45-jährigen Berufsjubiläum wird mir zum Verhängnis

Im September dann 45-jähriges Berufsjubiläum und Schwups saß der Whiskey-Teufel auf der linken Schulter und meinte ein Doppelter ginge doch an so einem Tag und zudem hatten sich zwei Flaschen Hefeweizen in meinen Kühlschrank verirrt. Es war ja alles gut im Moment. Ich war soweit stabil, hatte 'nen tollen neuen Job...was sollte da schon groß passieren. Denkste...!

Erneut in Eußertal: Durch die Therapie erkenne ich meine Schwachstellen

Jetzt bin ich seit Ende Dezember wieder in Eußerthal und versuche jeden Tag zu nutzen. Seit nunmehr 14 Wochen lerne ich fast täglich wieder etwas über mich dazu. Durch Gruppen- und Einzelgespräche sehe ich mich und meine Verhaltensmuster immer wieder auf´s Neue aus unterschiedlichen Perspektiven und erkenne meine Schwachstellen. Entdecke dank dem angebotenen Therapieprogramm neue und alte Interessen und Fähigkeiten wieder und merke was es - bei aller Erfahrung - bringt, sich voll auf die Reha einzulassen. Noch drei Wochen...! Ne Garantie für's Trockenbleiben gibt's nicht...! Aber man bekommt Werkzeuge an die Hand, die einem dabei helfen können...! Wenn man will...!!!